S-Bahn in Bremerhaven S. 21 vom 28.1.2001
"Für Bahn wie geschaffen"
Jacobs: Nahverkehr in Seestadt lohnt sich
Von Christoph Bohn
Bremerhaven. Das im SONNTAGSJOURNAL vorgestellte
Stadtbahnkonzept des Telekom-Planers Heinz Janda ist
allgemein auf großes Interesse gestoßen. Auch
Bremerhavener, die mittlerweile nicht mehr in der Seestadt
wohnen. verfolgen das Thema. Einer von ihnen ist Heiko jacobs.
Der 38-Jährige hat 1997 ein eigenes Konzept erarbeitet.
"Ich habe mich erst kürzlich wieder darüber geärgert,
dass ich in meiner Heimatstadt in den Bussen verschaukelt werde.
Kein Vergleich zum Komfort einer Bahn und mit ein Grund, warum
Bahnen besser angenommen werden als Busse",
sagt der Diplomingenieur, der als Vorsitzender im Kreisverband
Karlsruhe des Deutschen Verkehrsclubs aktiv ist.
Sein Konzept (siehe Grafik links) baut ebenfalls auf alte
Schienenstrecken auf, allerdings verknüpft über die
Kennedybrücke. Das passe von der Erschließung her
besser zur langgestreckten Stadtstruktur Bremerhavens,
meint Jacobs. Kernpunkt seines Konzepts ist eine
Nord-Süd-, eine Westachse sowie die Anbindung eines
möglichen Ocean Parks.
"Die Bahn ist das einzige
Verkehrsmittel, bei dem das Freizeiterlebnis
Ocean Park schon auf der Anreise beginnt", meint der
Diplomingenieur. Das Konzept sei aber
auch ohne den Park interessant, da so Regionalzüge näher an
die City geführt werden könnten.
Leistungsfähiges System
Ergänzt um ein Straßenbahnnetz, Fern- und Regionalanbindungen ergäbe sich
ein leistungsfähiges Nahverkehrssystem. "Das Wichtigste
ist das Freihalten möglicher Trassen und die Dimensionierung neuer
Brücken", sagt Jacobs. Zwar seien viele Gleise abgebaut worden.
Solange die Trassen jedoch nicht umgenutzt würden, sei das nicht
tragisch. "Schienennahverkehr lohnt sich. Vor allem bei
einer so Bahn-geeigneten Schienenstruktur wie in Bremerhaven", betont er.
Sein Konzept ist im Internet unter
www.cousin.de/jacobs zu finden.
(Als Bild wurde im Prinzip die Übersicht von der
Bilder-Seite meines Papiers abgedruckt.)
Fahrgast-Zahl auf 7000 täglich gesteigert
Heilbronn hat gute Erfahrungen mit Stadtbahn - Bremerhavener
Stadtbaurat skeptisch
Bremerhaven (dbl). Jetzt hat auch die Bremerhavener
Stadtverwaltung Stellung zum Konzept von Heinz Janda bezogen.
Stadtbaurat Volker Holm schrieb Janda einen Brief.
Aus den Erkenntnissen und Erhebungen unter anderem im Zusammenhang mit
dem Nahverkehrsplan und dem Straßenbahn-Gutachten
lägen die wesentlichen Nachfragepotentiale für den innerstadtischen
Öffentlichen Personennahverkehr "bedauerlicherweise nicht entlang der
bestehenden Gleistrassen". Grundsätzlich aber könnten
sicherlich Investitionskosten gespart werden, wenn alte
Bahntrassen genutzt würden.
Eine S-Bahn in Bremerhaven hätte insgesamt ein
zu geringes Fahrgastaufkommen und damit einen unwirtschaftlichen
Betrieb zu erwarten. "Mit einem solchen
S-Bahn-Konzept ließen sich kaum Busverkehre einsparen,
so dass diese auch weiterhin zur Erschließung des Stadtgebiets in
nahezu unverändertem Umfang verkehren müssten" meint Holm.
Dass es möglich ist, alte
Gleise für ein Stadtbahnnetz zu nutzen und auch neue
Gleisanlagen durch die Innenstadt zu verlegen, zeigt
das Beispiel Heilbronn. Die Stadt ist mit Bremerhaven auf
jeden Fall in Sachen Einwohnerzahlen vergleichbar.
Während Bremerhaven rund 130000 Einwohner zählt,
sind es in Heilbronn 120000.
Dort ist die Stadt schnell zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Stadtbahn
sinnvoll ist, denn "das ungebrochene Wachstum des motorisierten
Individualverkehrs führt zunehmend zu verkehrlichen, städtebaulichen und
ökologischen Problemen".
Im Infotext zur Heilbronner Stadtbahn heißt es: "Wo zuvor
altersschwache Lokzüge der Bahn AG dieselten
und nach 20 Uhr Betriebsruhe herrschte, rollen seit September 1999
von vier Uhr morgens bis nach Mitternacht, am Wochenende sogar
noch länger. Der Erfolg stellte sich schnell ein: Bereits
nach einem Vierteljahr ist die Zahl der Fahrgäste auf der
Strecke von 1600 täglich auf fast 7000 gestiegen. Wenn die
Stadtbahn ab Sommer auch durch die Heilbronner Innenstadt fährt,
werden täglich bis zu 15000 Fahrgäste erwartet."
Bahnen im 30-Minuten-Takt
Viele Städte haben gute Nahverkehrsnetze --
Stadt Bremen plant drei Linien
Bremerhaven/Kreis Cuxhaven (chb>. Regionale Stadtbahnen werden von immer
mehr Städten eingesetzt. Und auch für Bremerhaven gibt es neben dem
Janda-Konzept noch einen weiteren Entwurf: erstellt vom
Kreisverband Bremerhaven des Deutschen Verkehrsclubs (VCD) im Jahr 1998.
Das System des VCD besteht aus drei innerstädtschen Straßenbahn- und zwei
Regional-Stadtbahnlinien (siehe Grafik rechts). Linie A ist von Bad Bederkesa
über Bremerhaven Hauptbahnhof bis Bremervörde geplant.
Linie B von Cuxhaven über Bremerhaven Hauptbahnhof bis nach Loxstedt.
Beide sollen wochentags tagsüber im 30-Minuten-Takt fahren
Für die Strecke Bremerhaven-Cuxhaven interessiert
sich bereits die Eisenbahnen- und Verkehrsbetriebsgesellschaft Elbe-Weser (EVB).
Das hätte unter anderem auch positive Auswirkungen für Altenwalde.
Die EVB hat signalisiert, dass neun Jahre
nach Schließung des Altenwalder Bahnhofs die Einrichtung eines neuen
Bahnhaltepunkts möglich sei.
"Ein 60 bis 80 Meter langer Bahnsteig würde etwa 80 000
Mark kosten", sagte EVB-Geschäftsführer Ulrich Koch.
Auch die für den schienengebundenen Nahverkehr zuständige
Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) bestätigte, dass ein Haltepunkt in
Altenwalde volkswirtschaftlich sinnvoll sei und schnell verwirklicht
werden könnte.
Fahrgastzuwächse
Wie sinnvoll gut funktionierende Regional-Stadtbahnen sein können, zeigt ein
Blick auf andere deutsche Städte: In vielen Ballungsräumen wurden nach Angaben
der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) Fahrgastzuwächse von 50 bis 100 Prozent
erzielt. Das will auch die BSAG nutzen.
Bereits im Jahr 2004 sollen Straßenbahnen von
Bremen Hauptbahnhof bis Nordenham und Oldenburg
fahren. Erweiterungen sind bis Bad Zwischenahn möglich.
Eine weitere Strecke ist von Bremen nach Rotenburg
und Oyten geplant.
"Die Verkehrsströme nehmen keine Rücksicht auf Gemeinde-,
Landkreis- und Landesgrenzen. Oberstes Ziel
ist, durchgehende wirtschaftliche Verbindungen mit
attraktiven Reisezeiten zu schaffen", sagt Dr. Norbert
Boese, Beiratsmitglied der LNVG.
(Als Bild wurde das vereinfachte Regionalnetz vom
VCD-Konzept abgedruckt.)
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