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Mitgliedschaft nach politischer Ausrichtung

Treu fürs Vaterland?

Verbindungen sagt man oft nach, dass sie rechts stehen, zumal viele in ihren Werten und Grundsätzen das Vaterland und andere schon angestaubt klingende Dinge drin haben. Werden daher nur konservativer oder nationaler denkende Studenten als Mitglieder akzeptiert?

Zuerst mal stellt sich die Frage, ob die Liebe zum Vaterland wirklich etwas Schlimmes ist? Per se nicht:

Engagement für Gemeinschaften

Jeder Mensch gehört bestimmtem Gemeinschaften an. Auch eine Verbindung ist eine solche Gemeinschaft, eine freiwillige. Wir bringen in diese Gemeinschaft viel Engagement und auch Liebe zu ihr ein und bekommen entsprechendes zurück. Denn eine Gemeinschaft funktioniert nur, wenn jeder diese Gemeinschaft mitträgt.

Solange es um die Familie und die eigenen Interessen geht, sehen es viele auch noch ein. Oder bei einem Verein. Auch wenn es um die eigene regionale Heimat geht, fühlen sich viele dieser liebevoll verbunden. Die meisten identifizieren sich als Badener, Hanseaten, ... oder als Karlsruher, Bremerhavener, ... meist auch mit ein wenig Stolz. Heimatliebe: ja.

Nur mit dem ganzen Vaterland klappt es nicht? Vaterlandsliebe und Nationalbewusstsein sind hierzulande verdächtige Begriffe, stark diskreditiert durch die deutsche Vergangenheit. Vaterland war schon länger ein schwieriger Begriff in Deutschland. Es war ein ständiges Auf und Ab zwischen übetriebenen Nationalbewusstsein und am Boden liegender Identität. Nicht nur die beiden Weltkriege und die Zeiten davor, auch schon vorher: Napoleon, nationale Zersplitterung, Revolution etc. Dies ist nicht gut für ein Gemeinwesen. Was wir brauchen, ist eine normale Identifikation mit unserem Vaterland, weder übertrieben, noch dasselbe total verneinend, so wie es viele unserer Nachbarländer schon lange vorleben. Vielleicht entkrampft sich das Verhältnis zum Nationalbewusstsein durch die Fußball-WM 2010 in "Schland" ja langsam.

Zur Zeit scheint die Bereitschaft zum Engagement für eine Gemeinschaft ohne direkte Gegenleistung auf allen Ebenen rückläufig zu sein. Ich bin in vielen Vereinen ganz unterschiedlicher Art, aber überall die gleiche Klage. Kaum neue Mitglieder und niemand will sich noch kontinuierlich für eine ideelle Ziele engagieren. Unsere Gesellschaft ist auf den Weg in eine reine Konsumgesellschaft. Nur noch Freizeitvergnügen zählt und nur dann etwas tun, wenn man gerade mal zufällig Lust drauf hat.

So kann unsere Gesellschaft aber nicht funktionieren. Auf der einen Seite ständig Leistungen fordern, aber überall darum drücken, selbst etwas zu tun. Die Mitgliedschaft in einer Verbindung steuert diesen Trends entgegen, denn kontinuierliches Engagement für eine Gemeinschaft gehört hier dazu, auch ohne direkte Gegenleistung. Korporierte gehören aber auch außerhalb von Verbindungen oft zur Gruppe derjenigen, die sich für etwas engagieren. Bei mir als Autor von cousin bspw. über VCD in der lokalen Verkehrspolitik, wovon nicht nur ich profitiere, z.B. durch mehr Sicherheit für Radler auf unseren Straßen.

Vaterland

Viele Verbindungen haben den Vaterlandsbegriff jahrelang hochgehalten, teils ziemlich alleine auf weiter Flur. Da dies im Gegensatz zu den gesellschaftlichen Tendenzen steht, führte dies dazu, dass ihre Mitglieder sich intensiver mit diesem Thema beschäftigten, insbesondere auch mit den Gegensatz zwischen den Positionen, den traditionellen eher konservativen in den Verbindungen und ihren Altherrenschaften einerseits und andererseits mit den dem Vaterlandsbegriff eher kritisch gegenüberstehenden Positionen außerhalb. Dadurch bilden sich Staatsbürger heran, die ihr Vaterland bejahen und sich für dieses engagieren, die ihm aber auch kritisch gegenüberstehen können. Jedenfalls ist es bei mir so.

"Frage nicht, was der Staat für Dich tun kann, frage, was Du für den Staat tun kannst."
J.F. Kennedy

Politische Ausrichtung von Verbindungen

Der Vaterlandsbegriff, wegen dessen Verwendung man die politische Ausrichtung von Verbindungen oft zu kennen meint ..., muss also nicht unbedingt so "negativ" betrachtet werden. In der Realität ist die politische Bandbreite der Verbindungslandschaft sehr breit.

Es gibt sie, die Verbindungen, die dem Klischee vom konservativen bis rechten Burschenschaft"l"er entsprechen. Einige Burschenschaften, aber auch einzelne Verbindungen anderer Verbände, tun sich ab und an in der Öffentlichkeit negativ hervor mit arg weit rechts angesiedelten nationalen Ansichten. Auf solche stürzt sich dann die Presse, weil solches Tun immer für Schlagzeilen gut ist. Dass die Mehrzahl der über 1000 Verbindungen im deutschsprachigen Raum bei weitem nicht diesem Klischee entspricht, wird nicht erwähnt, denn das bringt ja keine reißerischen Schlagzeilen. Das "normale" Leben ist halt uninteressant. Aus dem gleichen Grund siedeln z.B. TV-Krimis, wenn sie mal im Verbindungsmillieu spielen, ihre Handlung lieber in solchen Verbindungen an.

Wer den Text über die Vielfalt der Verbindungen gelesen hat, kann sich vielleicht ausmalen, wie bunt auch das Mosaik der (politischen) Ansichten der Mitglieder der Mitgliedsbünde ist.

Einige Verbände verstehen sich durchaus als politischer Verband, allen voran die Burschenschaften der DB und NeuenDB, die aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte schon und noch immer politisch aktiv sind. Ein Teil davon, teils in der sog. Burschenschaftlichen Gemeinschaft BG der DB organisiert, recht konservativ, ein anderer Teil aber auch eher liberaler.

Andere Verbände dagegen verneinen dagegen jede allgemeinpolitische Aktivität der Verbindung selbst. So sind die beiden Corps-Verbände KSCV und WSC politsch absolut neutral nach außen und bezüglich ihrer Mitglieder. Andere Verbände haben diese Beschränkungen meist nicht, ihre Mitgliedsbünde sind aber in der Praxis normalerweise nicht politisch aktiv.

Davon unabhängig sind die politischen Interessen der Mitglieder der einzelnen Bünde zu sehen. Sicher, wir wahren alte studentische Traditionen. Das macht uns vielleicht für konservativer denkende Menschen eine Spur interessanter als für Menschen, die aufgrund eher linker Einstellungen solchen Traditionen eher ablehnend gegenüberstehen. Das heißt aber nicht, dass nur konservative Menschen Mitglied werden. Verbindungsleben ist in der Praxis weniger politisch, sondern macht einfach Spaß. Daher zieht es Studenten aller politischer Weltanschauungen an. Da man sich nach Verbindungen umschaut, zu denen man am besten passt, findet man in der einen Verbindung vielleicht mehr von der einen Sorte, in der anderen dafür von der anderen Sorte Weltanschauungen. Praktisch keine Verbindung schreibt ihren Mitgliedern bestimmte Weltbilder vor. Wer anderen Meinungen offen gegenübersteht, wird fast nirgends Probleme haben. Die eigene politische Meinung wird toleriert.

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