Was hat sich seit 2002 geändert?
Warum noch mal abstimmen? Es hat sich seit 2002 doch nichts
wesentliches geändert! Oder doch?
Dieses Argument / Diese Frage ist oft zu hören.
Nun, ich finde, es haben sich einge Sachen geändert seit 2002,
die ein erneutes Nachdenken über den Sinn oder Unsinn der Kombilösung
nötig machen, sowohl im Bereich Finanzen, als auch bei anderen Themenbereichen:
Versprechungen 2002
Finanzen
Vorrangig wurde das Bürgerbegehren wegen der veränderten
Finanzlage gestartet. Im Detail hat sich da geändert:
- Der Eigenanteil Karlsruhes hat sich jetzt schon verdoppelt
- Beim Bürgerentscheid 2002 stand noch in den Flyern, dass alles koste
530 Mio. Euro, "wir" zahlen davon 15% = 79,5 Mio.
Zwei Jahre später nennt man konkretere Zahlen,
nun nur noch 495 Mio. Euro, aber leider hat das Land den Förderanteil
auf 20% reduziert: daher nun schon rund 100 Mio. für "uns".
Im Dezember 2008 kommt die Wahrheit doppelt ans Licht:
Der Zuwendungsbescheid sagt, dass längst nicht alles zuschusswürdig ist,
dadurch steigt "unser" Anteil zunächst auf 152 Mio. Euro, nun ca. 30%
der Gesamstsumme.
Aber das ist schon Makulatur, denn fast gleichzeitig kommt eine neue
Kostenschätzung raus, die 588 Mio. Euro nennt, "unser" Anteil nun
172 Mio. Euro, immer noch 30%.
Also schon vor Bau Eigenanteil absolut wie relativ verdoppelt!
- Auf Pump finanziert, dabei verhoben
- KASIG bzw. KVVH haben anscheinend kein Vermögen, dass sie für die
Finanzierung des Eigenanteils nutzen könnten, also werden laut Doppelhaushalt
2009/2010 Kredite aufgenommen. (im Detail)
Für den alten Eigenanteil von 80 Mio. Euro wären es um die 5 Mio. Zinsen
gewesen für diese Kredite, das hätte vielleicht noch geklappt
unter Berücksichtigung der angenommenen (aber von mir bezweifelten)
Einsparungen durch die Kombilösung oder durch die kleinen Gewinne
der KVVH.
Beim nun doppelten Eigenanteil und evtl. ungeplanten Kostensteigerungen
klappt das nicht mehr! Strompreiserhöhungen? Fahrpreiserhöhungen?
Angebottskürzungen? Schuldenspirale?
- Das Finanzierungsgesetz läuft 2019 aus!
- Also in genau dem Jahr der geplanten Fertigstellung.
Lässt sich dieser Termin nicht halten, was bei so großen Bauvorhaben
schnell mal passiert, geht alles, was danach erst fertig wird
alleine auf unsere Kappe!
(S. 3 oben)
DAS IST EIN ÄUẞERST RISKANTES SPIEL MIT DEM FEUER!
- Die Zuschusswürdigkeit wird unsicher
- Der Nutzen-Kosten-Faktor der Standardisierten Bewertung lag mit
Kosten von 496 Mio. Euro bei 1,186. Mit der neuen Kostenschätzung
rückt er auf 1,000 zu.
Was passiert, wenn nachgerechnet wird und
die Zusage zurückgezogen wird?
- Der Zuschuss für die Kriegsstraße ist unsicher
- Sie wurde nur vorläufig in das Förderprogramm aufgenommen
unter Prüfungsvorbehalt:
Zitat aus dem Zuwendungsbescheid vom 8.12.2008,
Az E14 (B)/5152.5/3-08 G 155 T/904276,
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS):
"Aufgrund der Ausführungen im Prüfbericht der Nahverkehrsgesellschaft
Baden-Württemberg ... sowie der 'Ergänzenden Untersuchung mit
Variantenvergleich zur verkehrlichen Notwendigkeit der Straßenbahn
in der Kriegsstraße mit Straßentunnel' ... sollte zum gegebenen
Zeitpunkt in zeitlicher Nähe zum Baubeginn der Kriegsstraße -- etwa 2014 --
geprüft werden, ob nicht doch eine oberirdische Lösung für Individual-
und öffentlichen Personennahverkehr bei Verzicht auf den Straßentunnel
in der Kriegsstraße möglich ist. ..."
(S. 3 Mitte)
- Die gesamtwirtschaftliche Lage hat sich geändert
-
Selbst wenn die Weltwirtschaftskrise abgewendet sein sollte, knabbern
die öffentlichen Haushalte noch lange an den Kosten für Konjunkturpakete,
nachlaufender Arbeitslosigkeit etc.
Sollte die Weltkonjunktur wieder rund laufen, werden dei Energiepreise
wieder weiter explodieren.
- Die Haushaltslage der Stadt hat sich dramatisch geändert
-
Gewerbesteuereinnahmen bröckeln immer weiter weg, die Kosten von Hartz IV
steigen immer weiter etc.
Die Verschuldung erreicht ein Ausmaß, die das
Regierungspräsidium Karlsruhe veranlasste, nur den Reilhaushalt 2009
zu genehmigen und für den Teilhaushalt 2010
ein
Haushaltskonsolodierugnskonzept zu fordern, um ihn genehhmigen
zu können.
Uns droht schlimmstenfalls die Zwangsverwaltung ...
- Immer mehr Kunden ...
- ... nutzen die liberalisierten Energiemärkte und wechseln zu
preiswerteren oder ökologischeren Anbietern von Strom und Gas.
Die Querfinanzierung Stadtwerke-VBK könnte gefährdet werden, wenn
vermehrt Kunden zu "u-strab-freier Energie" wechseln würden.
Andere Bereiche
- Die Süderweiterung war erfolgreich!
- Vier Jahre ist das ECE-Einkaufszentrum am Ettlinger Tor (ETK)
nun in Betrieb und straft denen Lügen, die
immer behaupteten, dass Karlsruher Nahverkehr nur dann funktioniert,
wenn er über den Marktplatz läuft,
damit niemand zu viel laufen muss: Wahre Fußgängerströme sind nun
unterwegs zwischen ETK und Marktplatz bzw. Europaplatz via
Karl-Friedrich-Straße, Lammstraße und Erbprinzenstraße.
Vorher gab ess schon Scheck-In und den Umzug des Landratsamtes
ans Ettlinger Tor etc.
Damit darf die einseitige Ausrichtung des Stadtbahntunnels auf die
Kaiserstraße hinterfragt werden.
Böte es sich nicht jetzt an, die Verkehrsströme flächiger
zu verteilen?
Und das praktizierte Flanieren südlich der Kaiserstraße
stellt die Frage in den Raum, ob nun auch noch in der Kaiserstraße
das so dringend nötig ist, was woanders schon bestens funktioniert.
- Die Detailplanung ist nun fertig und offenbart etliche Nachteile,
die so 2002 nicht absehbar waren:
-
Die Detailplanung offenbart eine nur halbherzig umgesetzte
Barrierefreiheit. Minimale Zahl an Aufzügen etc. und
halbherzige Bahnsteiglösungen, Details dazu.
- Das Brandschutzkonzept hat m.E. kapitale Lücken
-
Der Brandschutz ist nur in Haltestellen durchgerechnet und positiv
begutachtet worden (nach etlichen Nachbesserungen), aber trotz dem Unglück
in Kaprun 2000, bei dem eine Bahn im Bereich des Streckentunnels ausbrannte,
kümmert man sich nicht um ein Brandschutzkonzept im Streckentunnel,
das Problem wird einfach wegdefiniert im Brandschutzgutachten:
Es ist erfahrungsgemäß äußerst selten, dass ein Zug brennend
im Streckentunnel liegen bleibt, da durch die Notbremsüberbrückung
eine Weiterfahrt bis zur nächsten Haltestelle in der Regel möglich ist.
Notbremsüberbrückungen führen aber manchmal zu
Kollateralschäden ...
Warum definiert man das weg? Weil man weiß, dass man es nicht in den Griff
kriegt:
Generell ist anzumerken, dass für den Fall eines im Streckentunnel
liegenbleibenden brennenden Fahrzeuges (z.B. infolge Fahrstromausfall,
Kollision, Entgleisung) nicht in jedem Fall eine gesicherte
Fluchtmöglichkeit in die nächste Haltestelle oder zum nächsten
Notausstieg gegeben ist. Das hierdurch verbleibende Restrisiko
muss akzeptiert werden und ist vergleichbar mit vielen anderen
Situationen des täglichen Lebens in Verbindung mit technischen
Prozessen.
Muss es? Ich finde nicht ...
"Oben" gibt es dieses Risiko ja nicht.
Und wenn ein Rollstuhlfahrer mitfährt?
Vom Erörterungstermin der Einwendungen zur Planfeststellung
wurde folgendes dazu protokolliert.
Herr König (TAB) bestätigt die detaillierte Prüfung der Pläne.
Die entsprechenden Sicherheitsräume (Höhe 2 m und Breite 70 cm) seien
überall eingehalten. Das Ereignis, dass ein Zug in der Tunnelröhre
liegen bleibe, könne fast ausgeschlossen werden. In einem solchen
besonderen Fall seien die Personen über den Notgehweg zu evakuieren.
Für Kinderwagen sei dieser Weg allerdings nicht ausgelegt. Entsprechend
wären auch behinderte Leute im Brandfall auf die Solidarität der
Mitfahrer angewiesen.
Auf gut deutsch: dem Tode geweiht, da sich im Zweifel niemand findet,
der eine evtl. schwere Person über lange enge und verrauchte Wege trägt.
Das war für mich Anlass, eine Petition beim Bundestag
einzureichen.
- Sicherheit beim Bau: Köln 2009
-
Köln hat anschaulich vor Augen geführt, wie gefährlich der Bau von Tunneln
sein kann.
Weltweit passierten aber 17 Tunneleinstürze in 14 Jahren beim Bau von Tunneln, davon 7x in Europa. Da noch nicht mit drin ist ein zu Köln
vergleichbares Beinaheunglück in Amsterdam 2008 oder der versunkene Bus
beim U-Bahn-Bau in München.
Davon abgesehen gelten neben den neuen Erkenntnissen seit 2002
natürlich auch alle alten, längst bekannten Nachteile unverändert
weiter.